FOTO: David Andrako
Publication: Saarbrücker Zeitung
Date: 14 April, 2019
By: Josefine Hoffmann
Mehr als ein „Rendezvous“: Die Sängerin begeisterte mit ihrer Hommage an die Hollywood-Ikone im Dillinger Lokschuppen.
Nein, Marlene Dietrich ist es definitiv nicht, die da am Freitagabend die Bühne des Dillinger Lokschuppens betritt. Aber fast, denn „Where have all the flowers gone“ klingt dank einer Künstlerin vom Format Ute Lempers und des kammermusikalischen Arrangements verdächtig nach dem Original.
Vom ersten Ton an ist klar, dass sie die Dietrich nicht nur verehrt, sondern dem Publikum den Menschen nahe zu bringen sucht, dem sie ein besonderes Erlebnis verdankt: 1988 betitelte die Presse die 24-jährige Lemper erstmals als „la nouvelle Marlene“ und sie, peinlich berührt, schrieb der Dietrich, um sich zu entschuldigen. Das darauf folgende Telefonat verarbeitet Ute Lemper in ihrem Programm „Rendezvous mit Marlene“.
Sie gewährte musikalisch Einblick ins Leben der Dietrich und mimte authentisch die in Einsamkeit gealterte, dem Champagner zugetane Diva. Als Marlene erzählt Ute Lemper von ihrer Karriere, der langweiligen Ehe, die durch Klebestreifen verursachten Qualen im Kampf gegen das Altern, zahlreichen Liebschaften und befreundeten Künstlern, ihrer großen Liebe, dem Zerwürfnis mit ihrer Tochter und ihrem politischen Engagement – für das sie einen hohen Preis bezahlte.
Die Lieder, die Lemper für den Abend gewählt hat, sind aktuell wie nie. Seien es „Ruins of Berlin“, „Life‘s a Swindle“ oder „Lili Marleen“. Natürlich ist Lemper ihre eigene Regisseurin, aber die Art und Weise, wie sie sich die Dietrich und deren Stil zu eigen macht, ist einzigartig.
Bis 23 Uhr bieten sie und ihre exzellenten Musiker – Pianist Vana Gierig, Violinist Cyril Garac, Bassist Romain Lecuyer und Perkussionist Matthias Daneck – höchstes Niveau. Das Quartett ist die Basis der Hauptakteurin, die mit „Lola“ oder „Laziest Gal in Town“ zur Höchstform aufläuft, dann wieder mit dem Klassiker „Ne me quitte pas“ von Jaques Brel zu Tränen rührt. Lemper erneuert die Botschaft von Marlene Dietrich: „Was die Welt braucht, ist mehr Menschlichkeit.“ Keinen Krieg, keine Toten, keinen Hitler.
Es war ein fantastischer Abend im Lokschuppen, an dem sich Ute Lemper musikalisch und menschlich vor ihrer Kollegin Marlene Dietrich verneigte. Das Publikum bedachte wohl beide mit stehenden Ovationen. Chapeau!
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