Publication: Broadway World
By:
Date: December 13, 2024

Legendary cabaret artist Ute Lemper brought Kurt Weill’s works to vibrant contemporary life at Joe’s Pub, celebrating his upcoming 125th birthday.

For over four decades, Ute Lemper has stood as arguably the definitive interpreter of Kurt Weill’s music, combining fierce artistic integrity with a deep understanding of the historical and cultural forces that shaped his work. Her commitment to preserving and reimagining Weill’s legacy began in 1980s Berlin, where her groundbreaking recordings helped revive interest in his music. On November 26 and 29, anticipating Weill’s 125th birthday in 2025, Lemper brought decades of insight to Joe’s Pub, demonstrating why she remains unmatched in her ability to make these historic works speak to contemporary audiences.

Lemper transformed Joe’s Pub into something between a Weimar cabaret and a historical salon, creating an intimate evening that was equal parts performance, history lesson, and political commentary. Opening with “Pirate Jenny” from The Threepenny Opera, she immediately established the evening’s central tension between past and present. “I’m looking around and I’m not happy. Something is not right with this world,” she declared, before diving into a scathing critique of privilege that connected Weimar-era concerns to contemporary anxieties. Her interpretation moved fluidly between German and English, her delivery transforming from eerie grace to controlled fury as Jenny imagines violent revenge against her oppressors.

Lemper’s genius lies in her ability to make historical context feel urgently relevant. “Welcome to Weimar,” she announced, rattling off prices in millions of marks for basic necessities, including ”350 million paper marks for a loaf of bread,” drawing explicit parallels to modern inflation and democratic instability. Her reference to Hitler’s 1924 trial, noting how “he was so convincing he almost put the republic on trial,” landed with chilling resonance. “The Saga of Jenny” became a masterclass in temporal dialogue. Lemper transformed what could be a simple cautionary tale about female decisiveness into a nuanced exploration of agency and consequences. Her delivery of lines about Jenny’s memoirs causing wives to shoot their husbands created a complex commentary on female empowerment and its backlash.

The evening traced Weill’s artistic evolution through three crucial periods: Weimar Germany, Paris exile, and finally America. Lemper captured the dark irony of “Army Song,” while her interpretation of “Youkali,” written during Weill’s sojourn in Paris, combined dream and lament. Her voice carried both hope and pathos in lines that translate to “It’s a dream, a folly / There’s no such place as Youkali,” making the utopian vision feel impossible yet necessary.

Her command of the diseuse style — emphasizing dramatic delivery while maintaining musical sensibilities — particularly shone in songs like “Stranger Here Myself,” where Venus’s bewilderment at modern conventions becomes both comedy and social commentary. The performer’s interaction with the audience was masterful, asking for language preferences, and incorporating an audience member into the action. When discussing how Weill “started to call himself Kurt Weill” (with American pronunciation) in the United States, she touched on themes of immigration and reinvention that resonated powerfully with current debates.

After 40 years of performing this music, Lemper proves herself not just a performer but a crucial cultural translator. Her achievement lies in showing how Weill’s music, born from specific historical circumstances, transcends its moment to address universal themes of justice, love, and human dignity. In her hands, these songs might as well have been written for today.

Learn more about Ute Lemper and where to follow her at www.utelemper.com

See more upcoming shows at Joe’s Pub on their website.

Click here to read this article on Broadway World’s site.

Publication: mdw WebMagazin
By:
Date: September 2024

Weltstar Ute Lemper beschreibt in ihrem kürzlich erschienenen Buch Die Zeitreisende ihren ungewöhnlichen Weg als Künstler_in und darin auch ihre Zeit am Max Reinhardt Seminar. Im Rahmen ihrer Lesereise machte die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin und Autorin Halt in Wien und besuchte auch das Max Reinhardt Seminar zu einem Interview.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit am Max Reinhardt Seminar?

Ute Lemper (UL): Es war ein ganz wichtiges Kapitel in meinem Leben. Ein Gewölbe der Selbstfindung. Wir hatten wunderbare Lehrer_innen damals, wahre Wegweiser, wie mein Hauptlehrer_innen Karlheinz Hackl, Ernie Mangold und natürlich Samy Molcho. Es war eine intensive Zeit in Wien, lange Abende im Akademietheater und Auftritte von Gertraud Jesserer und Erika Pluhar. Eine große Inspiration war für mich damals Maria Bill als Edith Piaf, das war kein Spiel – es war eine Wahrheit. Das werde ich nie vergessen. Alle Theaterabende bereiteten uns auf die Realität vor, die unsere Zukunft werden sollte.

© Kirsten Nijhof/dpa / picturedesk.com
Sie haben sehr erfolgreich in Großproduktionen wie der Wiener Uraufführung von Cats, Cabaret in Paris, Der Blaue Engel in Berlin und als Velma Kelly in Chicago im Londoner Westend und später am Broadway gespielt. Wie haben Sie es geschafft, in diesen Shows trotz des choreografischen Korsetts ihre künstlerische Freiheit zu finden?

UL: Bei Cats ging es für mich nur darum, dass ich in jeder Geste, in jeder Bewegung den Sinn gesucht und gefunden habe. Die emotionale Intention in der Geste zu realisieren. Ich war unglücklich, eine Katze zu sein, denn ich wollte interpretieren, wie wir es am Seminar gelernt hatten. Trotzdem war in diesem Katzending diese Wildheit, die Dunkelheit und diese Sehnsucht nach Licht. Man hatte im Tanz etwas Theatralisches darzustellen. Irgendwann habe ich gesehen, dass viele um mich herum einfach nur die Choreografie tanzten. Sie tanzten technisch sehr gut, viel besser als ich, aber sie haben sich emotional überhaupt nicht beteiligt, waren immer auf Sparflamme. Man gibt 75 Prozent, um der Choreografie gerecht zu werden, aber diese 25 Prozent am absoluten Geben und emotionaler Investition fehlten vielen. Bei mir waren es vielleicht 50 Prozent Technik und 50 Prozent Interpretation. Aber das hatte natürlich auch zur Konsequenz, dass ich so viel müder war als die anderen. Ich habe immer alles gegeben, als ob es kein Morgen gäbe. Das war für mich der Sinn des Spiels. Dass du da irgendwas herumlügst, dir eine Maske aufsetzt und dir etwas vorspielst. Fake? Das ging nicht. Das Spiel hatte einen Anspruch an eine universelle Existenz. Das war fast spirituell.

Und dann ist da eben diese feine Linie: Ist der/die Schauspieler_in Selbstdarsteller_in im exhibitionistischen Sinne oder nur Medium für dieses Stück, diese Rolle, diesen Körper, dieses Wort, wenn der/die Schauspieler_in merkt, dass er/sie das Sprachrohr für etwas Größeres ist. Es ist also seine/ihre Stimme, sein/ihr Leben, seine/ihre Erfahrungen, seine/ihre Emotion, aber da ist noch etwas dahinter, was größer ist. Und das ist die Geschichte, die von dem/der Schauspieler_in erzählt wird. Wenn diese Demut da ist, dass man eigentlich Instrument für etwas Größeres ist, das finde ich eine sehr wichtige Geschichte. In Chicago war mir die Rolle der Velma zu eindimensional. Und ich dachte: What am I doing here? Es ist alles Slapstick. Ich darf nie die Tür zu meinem Herz öffnen. Ich wollte aussteigen. Und dann hat mir mein Mann gesagt: „You have to do it. It is an incredible role. Du bist so super in deinem Tanz, in deinem Tanzstil, das ist dir wie auf den Leib geschrieben. Such in dieser Rolle auch diese Zweifel und Verzweiflung, die du jetzt spürst. Und diese Resignation – such sie in der Rolle, das macht dich umso stärker.“ Ich ging zurück und sagte mir, dass die Zweifel jetzt keinen Sinn mehr haben – jetzt gehe ich voll rein und spiele.

Für Ihre Interpretationen von Bertholt Brecht und Kurt Weill werden sie weltweit gefeiert. Sie waren früh in Amerika „Crossover Artist of the Year“. Wann entdeckten Sie das Werk von Brecht und Weill?

UL: Das erste Seminar zu Brecht und Weill, das Helmut Baumann in Salzburg gegeben hat, als ich selbst noch Schülerin war, war eine Entdeckung für mich. Es gab damals in den 1980er-Jahren nichts auf Deutsch, was man singen wollte. Es gab Schlager, Peter Maffay hatte seine Rockgeschichte, und ansonsten nichts. Marius Müller-Westernhagen, Udo Lindenberg und Nina Hagen kamen etwas später. Da war ein Vakuum. Und dann habe ich diese Lieder gehört aus der Dreigroschenoper, den Matrosen-Tango, Happy End, Das Lied vom Branntweinhändler und Der Song von Mandalay. Und da steckte diese kleine Aggression drin, die ich als junger Mensch so gespürt habe. Dieses kleine Stück Punk, wie wir es damals genannt haben. Ich suchte Ausdruck in einer Musik, die auch Klasse hat. Und das waren Brechts Worte, Weills Musik. Das war für mich ein Sprachrohr meiner Generation. So habe ich es zumindest empfunden, obwohl es für die anderen meiner Generation völlig uninteressant schien und altmodisch war. Ich konnte mich damit richtig gut identifizieren und meine junge, rebellische Natur in diesen Liedern wiederfinden.

Was ist Ihnen in Ihren Musikinterpretationen wichtig?

UL: Je älter ich werde, desto mehr finde ich die Momente der Stille viel stärker als die Momente, die gefüllt sind mit Worten oder Musik. Auch die Stille in der Musik. Ich sage immer zu meinem Pianisten: „Warte doch mal, füll nicht gleich aus. Lass den Akkord einfach stehen. Du brauchst nicht herumimprovisieren. Setz dich auf die rechte Hand und mach gar nichts. Lass nur den Klang, den Akkord, die Harmonie im Raum stehen. Und dann kann sich das Wort hineinfallen lassen und fügen.“ Gerade auf der Bühne sollte nicht die Musik der Antreiber sein, sondern der Untertext. Ich sage meinem Pianisten oft, wenn ich in der Szene drin bin, dass er einfach nur einzelne Töne wie Filmmusik spielen soll. Der einzelne Ton bedeutet so viel. Man muss keine Kadenz und keinen Song spielen. Nur ein Ton ist schon so viel, bedeutet so viel.

Gibt es nach all den Erfolgen und Preisen noch Momente des Zweifels?

UL: Ich habe solche großen Selbstzweifel. Oft denke ich bis zum Soundcheck oder bis zur Probe: „Ich bin eine absolute Null, ich kann gar nichts.“ Und dann plötzlich geht es in eine andere Dimension von Existenz – dort angekommen fühle ich wieder alles. In den Fingerspitzen, in der Stimme, in der Sprache, vor allen Dingen auch in der Atmosphäre, die dann so knistert. Und dann spüre ich diese andere Ebene von Menschsein, die ich brauche, um auf der Bühne zu stehen. Ich möchte es gar nicht interpretieren oder analysieren. Man kann es gar nicht. Man kann es nur empfinden. Der Zweifel darf eine_n auf keinen Fall depressiv machen oder niedermachen. Im Gegenteil. Zweifel ist, glaube ich, eine gesunde Demut.

Sie haben in Robert Altmanns Film Prêt-à-Porter, in Peter Greenaways Verfilmung vom Sturm (Prosperos Bücher Anm. d. Red.) nach William Shakespeare u. v. a. Filmen gespielt. Wie sehen Sie Ihre Arbeit mit dem Medium Film?

UL: Wird hier Film unterrichtet? Es ist ja eine völlig andere Methode.

Wir haben ab dem zweiten Studienjahr eine aufbauende Filmausbildung mit Filmübungen, Castingtraining, Showreel-Dreh und Filmarbeit in englischer Sprache. Wie in der Schauspiel- und Regieausbildung unterrichten auch in der Filmausbildung viele herausragende Persönlichkeiten aus der Praxis am Seminar.

UL: Das finde ich sehr wichtig. Es überrascht mich selbst immer, wenn ich Filme mache, dass man alles zurückdrehen muss. Nur „Internalizing“, nur nach innen, die Sprache darf nicht mehr gestellt oder zelebriert sein, man soll einfach nur echt sein. Ich habe zuletzt Die Zweiflers, eine deutsche Serie, gedreht, in der die Geschichte einer jüdischen Familie erzählt wird und die direkt nach dem zweiten Weltkrieg in Frankfurt spielt. Und habe die Rolle einer Weimarer Kabarettsängerin in einem italienischen Film von Michele Placido übernommen. Film ist eine andere Disziplin und sollte auch am Seminar gelehrt werden.

Sie haben viele eigene Abende kreiert und gespielt. Wie arbeiten Sie bei der Entwicklung eines Theaterabends und in der Eigenregie, wie zum Beispiel bei Ihrem Dokumentartheaterstück Rendezvous mit Marlene?

UL: Mein Marlene-Dietrich-Abend beruht auf einem Telefonat, das ich in den 1980er-Jahren mit ihr in Paris geführt habe. Während ich schreibe, lebe ich es ja schon. Das heißt, ich mache fast die Regie, während ich schreibe. Ich krieche in sie rein, es ist alles die Figur Marlene Dietrich, wie sie als 87-Jährige war. Nur in den Musiknummern werde ich dann Ute. Ansonsten bin ich sie und erzähle die Geschichte. Es ist ihre Geschichte aus der Perspektive als 87-Jährige.

Was ist aus Ihrer Sicht für junge Schauspieler_innen und Regisseur_innen wichtig?

UL: Das Leben wächst in Proportion zu deinem Mut. Ich war immer sehr mutig. Nur so kann man herausfinden, wie weit man gehen kann. Je mehr man seine Batterie anzapft, desto stärker wird sie. Das ist anstrengend. Je mehr du diese Kraft schulst, desto größer wird sie. Sei rebellisch. Es ist gut, wenn man nicht angepasst, sondern ein Paradiesvogel ist. Also je größer und eigenartiger die Persönlichkeit ist, desto besser. Wie sagte Max Reinhardt: „Nicht Verstellung ist die Aufgabe des Schauspielers, sondern Enthüllung.“ Es ist wichtig, sich als Mensch zu definieren. Das heißt also, sich zu bilden, eine Meinung zu haben über die Gesellschaft, in der wir leben, und die Politik, die wir leben. Die Ungerechtigkeit, die schlaflosen Nächte, die Frage „wo gehöre ich hin?“. Ich habe meine Wiener Jahre als freien Fall gelebt. In diesem musst du deine neue Identität als Mensch, als Künstler_in und als Schauspieler_in in dieser Welt finden. Wo auch immer du landest, suche weiter. Es hat sich eine völlig andere Dimension in mir geöffnet. Nur diese Kraft an Menschlichkeit in dir, wird dir auch die Tür zur Schauspielerei eröffnen.

Ute Lemper hielt am 19. März 2024 eine Meisterklasse mit Studierenden des Max Reinhardt Seminars. Die Spannung ist spürbar, als Ute Lemper den vollen Raum betritt. Zugewandt und frei spricht sie zu den Studierenden. Sie erzählt von der Wichtigkeit der Erfahrungen, die sie am Seminar gemacht hat, von ihrer Leidenschaft, als Künstlerin alles zu geben. Von ihrem Mut, immer weiterzugehen und Situationen Schritt für Schritt zu bewältigen. Im anschließenden Meisterkurs zeigt sie, dass sie auch eine begnadete

Pädagogin ist.


© Paul Müller

Die Studierenden performten u. a. Der Abschiedsbrief von Erich Kästner, Erinnerung an die Marie A.von Bertolt Brecht, Chesterfield-Girl von Gerhard Bronner, L’Accordéoniste (Text und Musik von Michel Emer und im Original gesungen von Édith Piaf) sowie Nur nicht aus Liebe weinen von Hans Fritz Beckmann (Text) und Theo Mackeben (Musik), im Original gesungen von Zarah Leander. Lemper spürt nach, hört genau hin. Sie stellt die Aussagen der Texte und Lieder in den Mittelpunkt, die Emotion, klärt sorgfältig den situativ-szenischen Kontext. Jede Persönlichkeit, die etwas vorträgt, erfasst Lemper scheinbar als Ganzes. Äußerliche Gesten, welche den wahren Ausdruck verstellen, werden behutsam reduziert. Im Nachgespräch betont sie: „Das Gefühl auf der Bühne soll möglichst ,echt’ sein.“ Es geht um Offenheit, Verletzlichkeit. Dies entspricht dem Motto Max Reinhardts: „Nicht Verstellung ist die Aufgabe des Schauspielers, sondern Enthüllung.“ Die Musik hatte bei Max Reinhardt einen ausnehmend hohen Stellenwert. Der Gesang sollte in Synergie mit den Fächern Schauspiel, Sprachgestaltung und Bewegung entwickelt werden. Ute Lemper hat einen guten Eindruck davon gegeben, wie dieser Auftrag umgesetzt werden kann. Eine Meisterklasse, die allen Studierenden eine Inspiration war.

Mehr über Ute Lemper und ihren spannenden Künstlerinnenweg ist in ihrer Autobiografie nachzulesen: Ute Lemper: Die Zeitreisende. Zwischen Gestern und Morgen. München: Gräfe und Unzer Edition 2023.

Read the article on the MDW website here.

Publication: HOMBURG1
By: Stephan Bonaventura
Date: 8. September 2024


Foto: Stephan Bonaventura

Es gibt Abende, die bleiben hängen. Nicht, weil sie laut oder spektakulär sind, sondern weil sie tief berühren. Der Auftritt von Ute Lemper bei der diesjährigen HomBuch im Homburger Kulturzentrum Saalbau war genau so ein Abend.

Vor einem fast vollbesetzten Saal nahm die Ausnahmekünstlerin das Publikum mit auf eine intime Zeitreise durch ihr Leben, ihre Musik und ihre Erinnerungen. „Ich werde euch mitnehmen auf eine Reise durch mein Leben, Erinnerungen, eine Retrospektive“, hatte Lemper im Vorfeld versprochen – und genau das tat sie, auf eine Art, die tief bewegte.

Die Bühne im Saalbau war schlicht und elegant gehalten. Im Mittelpunkt stand Lemper, begleitet von ihrem Trio aus Pianist, Kontrabassist und Schlagzeuger. Es war eine Inszenierung ohne großen Pomp, die den Fokus auf die Musik und die Geschichten legte, die Ute Lemper zu erzählen hatte. Ihr schwarzes Kleid und die meist warme, gezielte Beleuchtung verstärkten die intime Atmosphäre, während die Musik und ihre Erzählungen das Homburger Publikum direkt ins Herz trafen. Der Applaus sprach für sich.


Foto: Stephan Bonaventura

Im Zentrum des Abends stand ihr aktuelles Album Time Traveler, das Lemper als sehr persönliches Werk beschreibt. Es vereint Songs, die sich über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten erstrecken, ohne dass diese zeitliche Distanz spürbar wird. „Die Gegenwart in der Vergangenheit und die Vergangenheit in der Gegenwart gehen eine Osmose ein“, heißt es in der offiziellen Beschreibung des Albums, und genau das spiegelte der Abend wider. Die musikalischen Genres vermischten sich mühelos – mal klangen Jazz, dann wieder Chanson, Pop oder Soul durch. Es war ein breites Spektrum, das Lemper mit voller Leidenschaft präsentierte, inspiriert von Künstlern wie Joni Mitchell, John Legend, Erykah Badu und Annie Lennox.


Foto: Stephan Bonaventura

Dabei ging es Lemper nicht darum, Erwartungen zu erfüllen. Sie präsentierte ihre Lieblingslieder und eigene Kompositionen mit einer solchen Authentizität, dass sich kein Augenblick erzwungen anfühlte. Stattdessen war es eine stetige und aus der tiefsten Seele kommende künstlerische Befreiung, die das Publikum spürte.

Neben der Musik gab es auch poetische und nachdenkliche Momente, in denen Lemper aus ihrer Autobiografie “Die Zeitreisende” vorlas. Sie sprach über prägende Erlebnisse, die sie zum Lachen und Weinen brachten, und teilte diese mit einer solchen Offenheit, dass der Saal merklich auf ihre Worte reagierte. Homburg erfuhr eine Atmosphäre, die sowohl melancholisch als auch hoffnungsvoll war.


Foto: Stephan Bonaventura

Als der Abend endete, war es nicht nur die Musik, die nachhallte, sondern es waren auch die persönlichen Einblicke, die Lemper ihrem dankbaren Publikum gewährt hatte. Viele der Anwesenden verließen den Saal sicherlich mit dem Gefühl, nicht nur einen einzigartigen musikalischen Abend erlebt zu haben, sondern auch einen Menschen ein wenig besser kennengelernt zu haben, der auf den Bühnen dieser Welt zu Hause ist. Glamour-Feeling in Homburg, auch das schafft das Lesefest HomBuch in faszinierender Art und Weise.

Fotos: Stephan Bonaventura

Click here to read the article in the original Publication

Publication: Die Neue Südtiroler Tageszeitung
Date: 10. September 2024


(Foto: Guido Harari)

Von Brecht bis Coelho: Der Weltstar Ute Lemper gastiert am 11. September im Kursaal Meran.

 Mit den von Kurt Weill vertonten Brecht-Songs und Friedrich Hollaenders burlesk-spöttischem Tingel-Tangel-Theater trägt Ute Lemper in den 1980er Jahren zur Renaissance des Polit-Kabaretts in der Weimarer Republik bei und widmet sich später dem zeitgenössischen Kunstlied nach Gedichten von Pablo Neruda und Paul Celan. Am 11. September startet sie im Kursaal anlässlich ihres 60. Geburtstags eine Zeitreise, die im Berlin der 1920er und 1930er Jahre beginnt und nach Zwischenstationen in Paris, London und New York in der Tango-Metropole Buenos Aires endet. Auf dem Jubiläums-Programm stehen Stücke von Piazzolla, Brel oder Gershwin sowie eigene Lieder zu Texten von Charles Bukowski oder Paolo Coelho. Man kann diese Songs als Pop, Rock, Jazz, Soul oder Chanson hören, als eine Melange aus sehr unterschiedlichen Stilen und Musikrichtungen – oder einfach nur als Ute Lemper. Das Konzert des südtirol festival meran beginnt um 20.30 Uhr.

Ute Lemper wurde 1963 in Münster geboren und absolvierte ihre Klavier-, Tanz- und Theaterausbildung in Köln, am Max Reinhardt Seminar in Wien, in Salzburg und in Berlin. Zahlreiche Musical-Rollen in London, New York, Las Vegas, Berlin und Wien brachten ihr Auszeichnungen wie 1986 den französischen Molière Preis (als beste Schauspielerin im europäischen Revival von „Cabaret”) oder 1998 den Olivier Award für ihre Darstellung in der Londoner Produktion von „Chicago “und den American Theatre Award für ihre Broadway Performance ein. Maurice Bejart kreierte eigens für Ute Lemper das Ballet „La Mort Subite“, das 1990 in Paris uraufgeführt wurde.

Nach mehreren internationalen Tourneen wechselte Ute Lemper immer öfter auch zur Kinoleinwand. So erschien sie etwa in Peter Greenaways „Prospero’s Books“, Robert Altmans „Pret A Porter”, Pierre Granier-Deferres „L’Autrichienne”, Ivan Dikhovichnis „Moscow Parade”, Norman Jewisons „Bogus”, Benoit Lamys „Combat de Fauves”, James Merendinos „A River Made to Drown In” und George Miltons „Appetite”.

In den vergangenen Jahren war Ute Lemper mit Liedern von Astor Piazzolla, Jacques Brel, Hanns Eisler und ihren eigenen Kreationen auf Welttournee und hat parallel zusammen mit Robert Carsen „Nomade“ entwickelt, eine Bühnenshow, die im Juni 2003 mit großem Erfolg am Chatelet Theater in Paris uraufgeführt wurde. Zudem konzipierte sie ein Charles Bukowski gewidmetes Song-Projekt und nahm gemeinsam mit dem Vogler Quartett und dem Pianisten Stefan Malzew eine neue CD auf („Berlin Days/Paris Nights„), die sie auf einer US Tournee dem Publikum vorgestellt haben. Die CD beinhaltet Lieder von Hans Eisler, Kurt Weill, Brel, Piaf und Piazzolla sowie jiddische und russische Volkslieder und wurde für einen Grammy Award nominiert. Zu den jüngsten Projekten der Künstlerin gehört ein Songzyklus über Liebesgedichte von Pablo Neruda, den sie mit dem Bandoneonisten Marcelo Nisinman komponiert hat.

Click here to read article in original publication.