Ute Lemper oder Marlene Dietrich? Foto: Brigitte Dummer

Publication: erlesenes­muenster.de
Date: 4 October, 2019
By:­ Burkard Knöpker

Langsam kommt sie aus dem Bühnenrücken nach vorne geschlendert, schlängelt sich durch Bassist und Violinist und raunt mit etwas brüchiger Stimme: „Guten Abend“. Diese zwei Worte reichen, um das Publikum im Großen Haus fast in Ekstase zu versetzen. Dabei hat sie nicht mal angefangen zu singen, doch natürlich wissen die Münsteraner, was sie erwartet oder sie ahnen es zumindest. Immerhin kommt ein Kind der Stadt zurück. „Rendezvous mit Marlene“, heißt Ute Lempers Programm, mit dem sie gestern im Großen Haus auftrat.

Ute Lemper ist ein Star und warum das so ist, demonstriert sie in dem gut zweistündigen Programm, mit Sprüngen von Lemper zu Dietrich, von 1928 nach 1987, von Englisch über Deutsch zu Französisch, von Deutschland nach Hollywood, über Irland und Italien nach Russland, von Billy Wilder über Charlie Chaplin bis zu Marlene Dietrichs großer Liebe Jean Gabin.

Tatsächlich gab es das Rendezvous mit Marlene, und zwar 1987 am Telefon in Paris. Ute Lemper, gerade 24 Jahre alt, wurde von der Presse als neue Marlene gefeiert, während Marlene Dietrich in der rue de la montagne einsam neben ihrem Telefon und diversen Wodka- und Whiskeyflaschen, längst am Ende ihrer Karriere angelangt war. Lemper hatte ihr geschrieben und dann – etwa 4 Wochen später – rief die alte Diva im Hotel an. Und tatsächlich hört man die 87-jährige, wenn sie von ihrem Aufbruch in die Vereinigten Staaten Ende der Zwanziger, ihrer Liebe zu deutscher Literatur, Rainer Maria Rilke und ihrem Hass auf Hitler und Nazi-Deutschland, die sie zu instrumentalisieren suchen, von den 50ern und ihren unzähligen Männern (und ein paar Frauen) spricht, von ihren Kinofilmen, von Paris und Alkohol. Man kann kaum sagen, wer da zu hören ist. Ist es die große Marlene Dietrich: „Where have all the flowers gone?“ oder die große Ute Lemper mit Lili Marleen vor der Kaserne? Mal im schwarzen hochgeschlitzten Kleid mit Blazer als Dietrich, dann schulterfrei als Lemper und wieder silbrig-glänzend im Hitchcockfilm, begleitet von wunderbaren Musikern an Flügel, Bass, Geige und Schlagzeug, die aber natürlich wissen, dass sie nur „Ausstattung“ sind. Dafür ist das Programm wie es ist mit einer echten Diva, deren Tochter noch zu Dietrichs Lebzeiten mit der Mutter abrechnen wollte, wie selbstsüchtig und lieblos sie sei – freilich alles in einem Buch niedergeschrieben. Letztlich wartete die Tochter, Maria, dann doch bis Dietrichs Tod Anfang der 90er.

Ein großartiger, bewegender Abend, der die Menschen nachher nicht auf den Sitzen hält. Und wenn Ute Lemper dann noch von den 70ern du 80ern erzählt, als sie selbst noch hier zugesehen und mitgespielt hat und von den Garderoben, die seither nicht renoviert wurden beweist sie Humor und jenes Lokalkolorit, für das sie die Menschen auch lieben. Intendant Ulrich Peters lässt es sich nicht nehmen, persönlich einen riesigen Rosenstrauß zu überreichen.

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Als wäre sie Marlene Dietrich: Ute Lemper geht auf bewegende Art in ihrer Rolle auf. Foto: Oliver Berg

Publication: Westfälische Nachrichten
Date: 4 October, 2019
By: Hans Lüttmann

Faszinierende Erinnerungen

Von Kopf bis Fuß auf Marlene eingestellt: Zum leisen Vibrato einer Geige schreitet Ute Lemper elegant-gelassen im engen, hochgeschlitzten schwarzen Abendkleid mit champagner-weißer Stola auf die Bühne des Großen Hauses – und ist nicht mehr sie selbst. Vom ersten Ton der bravourösen, wunderbar aufeinander eingestellten Musiker ihrer Band geht Ute Lemper in ihrer Rolle auf und singt und spielt und ja: Sie ist Marlene Dietrich für zweieinhalb Stunden. Lempers Gesten, ihre Posen, der schiefe Mundwinkel, die tiefe, laszive Stimme, diese Eleganz und das erste Lied des Abends („Sag mir, wo die Blumen sind“) entführen das Publikum nach Paris, in die Avenue de Montaigne 12, in der an einem Abend im November 1988 die 87-jährige Marlene Dietrich zum Telefon greift – und drei Stunden lang mit Ute Lemper spricht.

Die ikonische Marlene, Lichtspielgöttin ihrer Zeit, Diva, Femme Fatale, „Blauer Engel“, starke Frau und freier Geist, Weltstar des deutschen Films, die keine Tabus kannte, spricht – unfassbar für die damals 24-jährige Ute Lemper – über ihr Leben. („Keine Fragen, Ute, das ist doch kein Interview, ich will nur erzählen.“), über ihre Ehe, ihre Affären, über Arbeit, Stil, die Leidenschaft für Rilke, das zerrüttete Verhältnis zur Tochter Marie, ihre verzehrende Liebe zu Jean Gabin, über Trauer, Einsamkeit – und Alkohol.

Erst nach einer halben Stunde begrüßt Ute Lemper das Publikum – als Ute Lemper: „Jetzt bin ich es, Ute.“ Und erzählt davon, dass dieses Telefonat tatsächlich stattgefunden hat, wie baff sie war und dass es ihr damals beinahe peinlich war, als sie in Paris als „die neue Marlene“ gefeiert wurde, die der echten Marlene einen Brief geschrieben hat. „Süß, die Kleine“, sagt Marlene-Ute, lehnt sich zurück in ihren Divasessel zwischen leeren Flaschen, „Lola“-Hocker, roter Federboa und Glitzerfummel am Kleiderhaken, drückt die Stola an sich, gibt den Blick auf ihre langen Beine frei und haucht rauchig-verträumt: „Ich werde sie wohl mal anrufen.“

Nach der Pause, im edlen, weißen Glitzerkleid, trauert die alternde, menschenscheu gewordene Marlene der Liebe ihres Lebens nach, Jean Gabin, dem zuliebe sie nach Paris gezogen war. Nach Jacques Brels tragischem Gassenhauer „Ne me quitte pas“ als melodramatischem Höhepunkt – mehr Verzweiflung, Kummer und Einsamkeit geht nicht – unternahm Lemper Ausflüge in ein anderes Genres und zeigte, dass sie auch eine exzellente Jazzsängerin ist.

Zwischen US-Army-Weltkriegs-Auftritten, drollig-schlüpfrigen Amouren in Truppenbetten, glühendem Antifaschismus („Es braucht wenig Hirn, um Anti-Nazi zu werden“) und ihrer selbstgewählten Einsamkeit singt Marlene-Ute „Keep up the illusion“, wahre den Schein, zieh’ es durch. Nach rund zweieinhalb Stunden ist Ute Lemper zwar wieder Ute, aber sie entlässt ihr Publikum in die Nacht mit der Illusion, Marlene begegnet zu sein.

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Ute Lemper begeisterte mit einer berührenden Hommage an die Sängerin und Schauspielerin Marlene Dietrich imKönig-Albert-Theater. Foto: Steffen Adler

Publication: Freie Presse
Date: 8 October, 2019
By: Steffen Adler

Die Künstlerin eroberte mit einer unterhaltsamen und berührenden Hommage an die große Diva die Herzen der Zuschauer im ausverkauften König Albert Theater.

Bad Elster.Zu den leisen Tönen von Violine, Klavier, Schlagzeug und Kontrabass der Musiker betritt die heute in New York lebende international bekannte Musicaldarstellerin und Chansonsängerin Ute Lemper in einem schwarzen, hochgeschlitzten Kleid die Bühne und interpretiert mit rauchiger Stimme “Sag mir wo die Blumen sind” jenes Antikriegslied, das auch Marlene Dietrich 1962 in Düsseldorf bei der Unicef-Gala gesungen hat. “Ich würde an diesem Abend gern noch mehr für Sie singen, aber nach diesem Lied kann man ja gar nichts mehr singen”, flüstert Ute Lemper in der Rolle als Marlene zu Beginn ihres Programms “Rendezvous with Marlene”, in dem sie das bewegte Leben der Hollywoodikone den Zuschauern im ausverkauften König-Albert-Theater näher brachte.

Lempers Rendezvous mit Marlene Dietrich basiert auf einem dreistündigen Telefonat, dass sie 1988 in Paris mit ihr geführt hat. Lemper stand als Nachwuchsstar zu jener Zeit gerade am Anfang ihrer Theater- und Musikkarriere. “Damals spielte ich gerade die Sally in Cabaret”, erinnert sich Ute Lemper. “Das war ein großer Erfolg, der mir zum Titel einer neuen Marlene verhalf”, erzählte sie. Gerade deshalb hatte sie einst einen Brief an die betagte Diva geschrieben und einige Zeit später mehrere Stunden mit dem legendären Star telefoniert. “Ich war damals 24 und Marlene 87”, so Ute Lemper. Marlene Dietrich berichtete ihr dabei ausführlich über ihr Leben. “Ich habe viele Jahre gebraucht, um in ihre Geschichte hinein zu sinken”, verkündet Lemper, bevor sie in einem berührenden Zwiegespräch in beide Rollen schlüpfte.

Einsam in einer kleinen Pariser Wohnung zurückgezogen lebend, möchte Marlene Dietrich Ende der 1980er Jahre ihr Gesicht nicht mehr öffentlich zeigen. Sie, die nach Ruhm und Enttäuschung zunehmend im Alkohol versank. “Denken wie ein Boss, benehmen wie eine Lady”, verrät Marlene der jungen Ute Lemper als Erfolgsrezept wie sie es 1930 zu ihrer berühmten Hauptrolle als Lola in dem Film “Der blaue Engel” schaffte und der Aufstieg zur internationalen Künstlerin gelang. Selbst hat sie erst vom Erfolg des Films erfahren, als sie schon auf dem Weg nach Amerika war. “Das Land der Dichter und Denker hat seine Seele verloren”, führt Ute Lemper als Marlene aus, nachdem viele ihrer Landsleute sie als Vaterlandsverräterin beschimpft hatten, weil sie sich während der Zeit des Nationalsozialismus nach Amerika absetzte und eigentlich nie wieder nach Deutschland zurückkehren wollte.

Und Ute Lemper erfährt von Marlenes großer Liebe zu Rainer Maria Rilke ebenso von ihren unzähligen Liebhabern, die nicht alle nur Männer waren. Ute Lemper präsentiert dazu die größten Songs der Diva wie “Just a Gigolo” , singt einfühlsam ihr “The answer, my friend, is blowin’ in the wind” und ihr berühmtes “Ich bin die fesche Lola” sowie “Illusions”, zu der sie ihre langen Beine übereinander und in die Höhe streckt, ganz so wie einst Marlene Dietrich. Ute Lemper begeisterte außerdem mit “Lili Marleen”, das Dietrich 1943 vor amerikanischen und alliierten Soldaten sang und das damit später zum deutschen und internationalen klassischen Soldatenlied wurde.

Schließlich erzählt Ute Lemper auch über Marlene Dietrichs verloren gegangene Beziehung zu ihrer Tochter, ihre Trauer und Einsamkeit am Ende ihrer Karriere. Eng verbunden scheint Ute Lemper mit Marlene Dietrich, sollte sie doch auch selbst im Jahr 1992 in Berlin die Lola spielen. “Marlene starb zehn Tage vor der Premiere”, erinnert die Künstlerin und singt das unsterbliche “Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt”. Dafür erntet sie am Schluss Standing Ovations der Zuschauer.

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Ute Lemper wird von Geiger Cyril Garac begleitet. (Foto: babette caesar)

Publication: Schwäbische Lindau
Date: 6 October 2019
By: Babette Caesar

Mit Ute Lemper hat am Samstagabend ein weiterer Weltstar die diesjährige Spielzeit im Stadttheater Lindau eröffnet. Sie ist für zwei Stunden in die Rolle der Hollywood-Legende Marlene Dietrichgeschlüpft. Für ihr „Rendezvous with Marlene“ spendeten die Besucherinnen und Besucher minutenlangen Beifall und stehende Ovationen. Lemper ließ ihr Publikum mitschwärmen und mitleiden. Ließ es tief eintauchen in das Leben der deutschen Diva, das so noch keiner auf die Bühne gebracht hat.

Eine faszinierende Geschichte über eine wunderbare Frau, erzählt und gesungen von einer ebenso wunderbaren Frau. Es gibt nur wenige deutsche Künstlerinnen, die internationale Erfolge in Paris, London und New York gefeiert haben. Ute Lemper ist eine von diesen außergewöhnlichen Frauen. Damit stimmte Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn das Publikum im ausverkauften Saal auf diesen Abend ein. Ein Ledersessel, in den sie sich immer mal wieder zurücklehnte und in Erinnerungen schwelgte. Ein Garderobenständer und eine Tonne, auf die sich Lemper im langen schwarzen, bis zum Schritt hoch geschlitzten Kleid schwang und kurzerhand in die Rolle der Femme Fatale „Lola Lola“ in „Der blaue Engel“ unter der Regie von Josef von Sternberg schlüpfte. Beine überkreuzen, Zigarette in den Mund und dann die Trompete imitieren – einfach grandios. 1929 in den Neubabelsberger UFA-Ateliers war das, wonach sie von Sternberg mit in die Vereinigten Staaten nahm.

Ute Lemper betrat die Bühne als alt gewordene Stilikone mit weiß ausgeleuchteten Gesichtszügen, die Stola eng um die Schultern gelegt. Mit ihr agierte ein instrumental exzellent auf den jeweiligen Moment eingestimmtes Quartett mit Pianist Vana Gierig, Kontrabassist Romain Lecuyer, Geiger Cyril Garac und Matthias Danneck am Schlagzeug. Sie inszenierten die Düsternis und Verlassenheit, in der sich die Dietrich im Jahr 1987 in ihrer Pariser Wohnung befand. Der Karriere hat sie ihre größte Liebe zu dem französischen Filmschauspieler Jean Gabin geopfert. An Nazi-Deutschland und der Ablehnung als Ex-Patriotin leidet sie bis zum Schluss.

Ute Lemper als die „Frau der 1000 Gesichter“ kroch förmlich in die Haut von Marlene. Der Blick mit den halb geschlossenen Augen, die schief verzogenen Mundwinkel, der Stil des Lasziven, den die Ikone pflegte mit ihrer rauen brüchigen Stimme. „Danke schön und guten Abend, ich bin’s Ute mit einer Oktave höher als Marlene“, verwandelte und entspannte sich Lempers Gesicht für den Moment. Denn die längste Zeit des Abends ist sie die Dietrich, die sich 1988 bei ihr meldete und ihr in einem dreistündigen Telefongespräch ihr Leben erzählte. Reden habe sie gewollt. „Es war schön, Ute, dass Du zugehört hast. Irgendwann kannst Du ja mal meine Geschichte erzählen“, gab sie der jungen, am Anfang ihrer Karriere stehenden Lemper mit auf den Weg. Und diese Geschichte zeichnet ein intimes, nicht gekanntes facettenreiches Bild einer emanzipierten, moralisch engagierten, freiheitsliebenden, bisexuellen Frau der Zukunft nach. Mit Pete Seegers bis heute tief berührendem Song „Sag mir, wo die Blumen sind“, den Marlene bei der Unicef-Gala 1962 in Düsseldorf sang, machte Lemper klar, dass sie Dietrichs Klassiker nicht bloß stilecht imitiert. Lemper hat sie transformiert in ungeheuer stimmgewaltige eigenwillige Jazzinterpretationen, die sämtliche Spektren zwischen laut und leise ausloten, wenn nicht gar sprengen.

Sie bannt ihr Publikum jede Spielminute

Sie ist damit von einer Präsenz, die das Publikum jede Spielminute bannt. Nicht länger die Marlene Dietrich wollte die Diva sein und hier zeigt sie ihr Gesicht. Lustvoll und ausgelassen tanzend, wenn sie in Amerika bei den Cowboys ankommt und Cyril Garac den Fiddlerpart übernimmt. Sie sich an die schwere Zeit während Nazi-Deutschland erinnert und an ihr Lieblingslied „Marie“. Das, aber nicht nur das, löste Gänsehaut-Feeling aus. Auch Lempers von Verlassenheitsschmerz durchtränktes „Ne me quitte pas“ und die traurig-aufrechten Lieder von Friedrich Hollaender gehören dazu. Ihre Rückblicke auf die Zeiten mit Edith Piaf, mit der sie so viel Spaß hatte, und mit Burt Bacharach, als sie sich die alternde Haut mit Klebebändern straffte. Sie alkoholtrunken in Orchestergräben fiel, doch immer wieder eisern Disziplin übte und Alfred Hitchcock unmissverständlich zu verstehen gab: „Kein Dior, keine Dietrich!“ Im silbrig-weiß glitzernden Kleid steht Ute Lemper auf der Bühne und ist diese „Lilly Marleen“, die von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt ist und auf sonst gar nichts.

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